Warum ich photographiere
Die Beschäftigung mit der Photographie hat mir zu einem neuen
Sehen verholfen, dazu, die Umgebung intensiver wahrzunehmen Motive gibt es
überall. Ein besonderer Reiz besteht für mich darin, scheinbar alltäglichen Dingen eine
besondere, ungewöhnliche Sichtweise abzugewinnen oder besondere Details herauszuarbeiten.
Bekanntes kann auf diese Weise neu entdeckt werden. Auch das Spiel von Formen und Farben
in immer neuen Variationen ist sehr reizvoll. Seien es nun die Besonderheiten einer
Landschaft oder feine Strukturen, die sich in Makroaufnahmen zu abstrakten Objekten
auflösen der Weg hierzu ist das aktive Wahrnehmen, das unmittelbare Erleben.
Beim Photographieren in der Natur tritt scheinbar Wichtiges aus dem
täglichen Leben in den Hintergrund. Für mich ist dies oft mit einem Gefühl tiefen
Respekts gegenüber der Natur verbunden. Es offenbart auch, wie wenig ein Mensch zu dieser
Schönheit beitragen kann.
Die Vergänglichkeit des von Menschen Geschaffenen ist Thema vieler meiner
Bilder. Unter dem Motto Die Natur holt sich von Menschenhand Erschaffenes wieder
zurück finden sich z.B. immer wieder alte Gemäuer, die von Moosen oder anderen
Pflanzen überwuchert werden. Dies ist vielleicht auch ein Versuch, Hoffnung auszudrücken
angesichts der offensichtlichen und teils irreparablen Eingriffe des Menschen in das
Gleichgewicht der Natur.
Aber auch die von Menschen geschaffene Architektur
möchte ich thematisieren. Und auch hier sind es oft die unscheinbaren "Perlen"
wie Industriebrachen oder eine vom Abriss bedrohte Wohnsiedlung, die auf meinen Film
gelangen.
Technische Aspekte etwa die neueste Kamera, die feinkörnigsten
Filme reduziere ich auf das Notwendige. Das Handwerkszeug der Photographie ist
Mittel zum Zweck und sollte meines Erachtens die Inhalte nicht verdrängen, muß aber
gleichwohl hohen Ansprüchen genügen.
Das Photographieren ist so für mich ein wahrscheinlich
lebenslanger Lernprozeß, neue Sichtweisen im wörtlichen wie auch im bildlichen
Sinne zu erlangen. Durch die Veröffentlichung von Arbeiten möchte ich auch andere
Betrachter hierfür sensibilisieren und mit Ihnen in einen Dialog treten.
Ich arbeite daran, diesem Anspruch gerecht zu werden.
Jochen Reincke